Kennt ihr das auch? Ein erstes Aufeinandertreffen, Funken sprühen, alles passt und ihr wisst – das ist es!
So war es mit mir und Yoga nicht.
Liebe auf den ersten Blick? Weit gefehlt. Nicht mal auf den zweiten.
Ein holpriger Start
„Kennengelernt“ haben wir uns bereits, als ich noch ein Teenager war. Unsere Krankenkasse warb für einen Yogakurs, der speziell auf Schulkinder und deren typische Beschwerden – Haltungsschäden, Konzentrationsschwäche, Wachstumsschmerzen – zugeschnitten war. Alle Kosten sollten übernommen werden, also dachten meine Eltern „warum nicht?“ und schickten mich hin.
Eins müsst ihr aber über mich wissen, ehe ich von meinem ersten Yogaerlebnis berichte: Schon als Dreizehnjährige war ich sehr interessiert an Spiritualität und auch damals war mir bereits bewusst, dass ich mehr nachdenke und mir mehr Sorgen mache als der Durchschnitts-Teenie. Ja, schon damals hatte ich mit dem Gedankenkarussell zu kämpfen. Ob Streit mit den Eltern, eine harmlose Schulhof-Neckerei oder eine anstehende Klassenarbeit – für die meisten in meinem Umkreis lästig, aber nicht weiter wild. Ich hingegen grübelte endlos: War ich gut genug für diesen Vokabeltest vorbereitet? Was, wenn nicht? Hatte ich Schuld an dem Streit? War ich unfair gewesen? Sollte ich mich entschuldigen? Hätte, würde, sollte…
Gleichzeitig gewann Yoga damals mehr und mehr an Popularität und auch ich hatte schon den einen oder anderen Artikel darüber gelesen. In diversen Zeitschriften wurde davon berichtet, wie gut es bei Rückenschmerzen half, aber auch davon, wie der meditative Aspekt, die Bewegung im Einklang mit dem Atem, für Ruhe im Kopf und mehr Gelassenheit sorgte.
Ich wusste: Das brauche ich.
Hier ist die Rede also nicht von einem bockigen Teenager, der sich insgeheim sträubt und den Kurs nur besucht, weil die Eltern es so wollen. Nein – ich war absolut offen dafür und freute mich sogar darauf.
Das erste „Date“
Der Kurs fand in den Räumlichkeiten eines Rettungsdienstes statt, wo sonst auch Erste-Hilfe-Kurse abgehalten wurden. Es war also kein weiß gestrichener Raum mit Buddha-Statuen und Sanskrit-Wandtattoos, wie man ihn sich vielleicht vorstellt. Alles war sehr nüchtern und bodenständig – die Lehrerin eingeschlossen. Wir bewegten uns sehr sanft, kamen nicht oder nur wenig ins Schwitzen. Ich erinnere mich, dass ich ein Gefühl von Enttäuschung verspürte, weil dies so gar nichts mit den anmutigen Übungen zu tun hatte, die man in den Magazinen sah. Der Kurs ging acht Wochen lang, und während dieser Zeit sprang der Funke leider nicht über. Jede Woche hoffte ich aufs Neue darauf, aber der Aha-Moment blieb aus. Ich langweilte mich, hatte nicht den Eindruck, dass es mir physisch oder psychisch etwas brachte, und so blieb ich nicht am Ball, als der Kurs endete. Ich weiß noch, dass ich das sehr schade fand. So gerne hätte ich gelernt, mein Gedankenkarussell besser unter Kontrolle zu bringen, aber Yoga schien einfach nichts für mich zu sein.
Fast 10 Jahre vergingen, bis ich mich als Studentin noch einmal auf die Matte wagte.
Eine zweite Chance
Ich war im Auslandssemester in den USA, erholte mich gerade von einer Lungenentzündung und merkte, dass mein Körper langsam wieder nach Bewegung verlangte, obwohl ich mich noch recht schlapp fühlte. Als mich eine Mitbewohnerin fragte, ob ich Lust hätte, mit zum Yoga zu kommen, sagte ich zu. Ich erinnerte mich an die supersanften Übungen aus meinem vorigen Kurs und dachte mir, dass dies bestimmt ein guter Wiedereinstieg nach der Krankheit wäre. Leider hatte diese Lehrerin einen völlig anderen Ansatz: Es war anstrengend, fordernd, schweißtreibend – also genau das Gegenteil von dem, was man braucht, wenn man gerade sehr krank und noch nicht ganz fit war. Dementsprechend fühlte ich mich auch nach der Stunde. Ich war völlig erledigt und verbrachte den Rest des Tages im Bett. Muss ich überhaupt erwähnen, dass ich für den Rest meines Auslandssemesters nicht mehr zum Yoga ging?
Es vergingen wieder mehrere Jahre, bis ich es noch einmal versuchte.
„Yoga ist einfach nichts für mich“
Inzwischen lebte und arbeitete ich in Bonn und ging gemeinsam mit Kollegen regelmäßig ins Fitnessstudio. Irgendwann hatten wir die Idee, einen der angebotenen Yogakurse zu besuchen. Neue Hoffnung keimte in mir auf: Trotz meiner bisherigen Erfahrungen mit Yoga war ich immer noch davon überzeugt, dass es das war, was ich brauchte. Noch immer fand ich, dass ich mir vieles zu sehr zu Herzen nahm, mehr als andere. Bisher hatte ich Yoga nicht gemocht – aber ich wollte es mögen! Also ging ich mit einer Kollegin in den Kurs.
War das dann der Tag, an dem es endlich „funkte“? Nein. Leider nicht.
Ich hatte zum damaligen Zeitpunkt immer noch keinen blassen Schimmer von Yoga, aber ich hatte mir irgendwie vorgestellt, ich würde dabei in eine Art Flow-Zustand kommen (immerhin heißt es ja auch Yoga-Flow!), dass ich dabei abschalten könnte, oder dass sich eine Art Frieden in mir einstellen würde. Nichts davon passierte.
Die Bewegungen fühlten sich unangenehm oder zu anstrengend an, ich hatte das Gefühl, dass das alles überhaupt nichts brachte und fragte mich, wie all das mich zu dem bringen sollte, was ich mir so sehr wünschte, dass ich mich immer mal wieder auf die Matte gezwungen hatte.
Zu allem Überfluss hatte der Lehrer eine ganz merkwürdige Art zu reden und die Wörter zu betonen. Die ganze Zeit musste ich an mich halten, um nicht laut loszulachen. Ich konnte mich also mal wieder nicht darauf einlassen und verließ den Kurs mit dem Gedanken, dass ich mich wohl einfach damit abfinden müsste, dass Yoga nichts für mich ist.
Wie bei so vielen Menschen war es schließlich eine Krise, die mich indirekt zum Yoga brachte.
Quarter-Life Crisis
Ich war in einer Phase, in der ich sowohl privat als auch beruflich sehr unzufrieden war. Einen Plan B hatte ich aber auch nicht, da ich gar nicht mehr sicher war, was ich überhaupt wollte. Daraus resultierte eine Lethargie, die die Situation natürlich nicht besser machte.
Schließlich gelangte ich an einen Punkt, an dem es einfach nicht mehr ging. Ich kündigte meinen Job, ohne einen neuen zu haben, und ging erst einmal auf Reisen. Im selben Jahr hatte ich mich in Costa Rica mit einer Amerikanerin angefreundet, die mittlerweile auf Lombok Englisch unterrichtete. Sie lud mich zu sich ein und ich plante meinen Trip um diesen Besuch herum.
Es war eine tolle Zeit. Gemeinsam tranken wir Tequila in indonesischen Beachbars und aßen köstliches Essen während wir Livebands zuhörten, die Füße im Sand vergraben. Wir erkundeten die Gili Inseln, schnorchelten mit Meeresschildkröten und tanzten an Halloween mit neuen Bekanntschaften aus aller Welt in einem Club direkt am Meer. Wir ließen uns Massagen geben, erkundeten Tempel… und verbrachten Zeit mit ihrer Mitbewohnerin, die Yogalehrerin war.
Aufgrund einer Verletzung kam ich leider nicht dazu, eine Stunde bei ihr zu nehmen, aber wir unterhielten uns viel über das Thema. Ihre Ausstrahlung tat ihr übriges: Sie war quirlig, fröhlich, herzlich, die typische „Life of the Party“-Persönlichkeit, aber dennoch strahlte sie eine beeindruckende Ruhe aus. Sie schien völlig im Reinen mit sich zu sein.
Ich dachte: Wenn es das ist, was Yoga mit einem macht, dann will ich das auch.
Bevor ich zu meiner nächsten Station Thailand aufbrach, riet sie mir, mich zurück in Deutschland nach einem Yogastudio umzusehen, statt ins Fitnessstudio zu gehen. Die Ansätze seien doch recht unterschiedlich. Ich nahm mir fest vor, Yoga noch eine Chance zu geben.
Es funkt!
Als ich wieder zurück war, ging ich dennoch wieder ins Fitnessstudio (ein anderes mittlerweile). Dort hatte ich noch einen Vertrag, und da ich noch keinen neuen Job hatte, wollte ich nicht noch zusätzlich für ein Yogastudio zahlen.
Das war der Kurs, in dem es endlich Klick machte!
Das Licht im Raum war gedimmt, Kerzen brannten, die Bewegungen waren fließend und fühlten sich stimmig für mich an. Es war genau die richtige Mischung aus Anstrengung und Entspannung, aus spirituell und bodenständig. Das war’s: Yoga hatte mich am Haken. Von da an war der Montagabend fest reserviert. Kurz darauf bekam ich die Zusage für einen Job in Frankfurt, wo ich mir dann auch ein Studio suchte. Und der Rest ist, wie es so schön heißt, Geschichte.
Seitdem sind Yoga und ich unzertrennlich und ich kann mir mein Leben ohne gar nicht mehr vorstellen.
Hat mich das Gedankenkarussell seitdem in Ruhe gelassen? Absolut nicht.
Mache ich mir immer noch manchmal zu viele Gedanken? Auf jeden Fall.
ABER: Jetzt habe ich ein „Werkzeug“, mit dem ich mich aus eventuellen Tiefs herausholen kann. Warum es so lange gedauert hat? Keine Ahnung. Vielleicht hatte ich nie den richtigen Lehrer, vielleicht war ich selbst nicht empfänglich genug.
Was zählt, ist aber, dass ich nicht nach dem ersten Versuch aufgegeben habe.
Die Hoffnungen, die ich von Anfang an in Yoga gesetzt hatte, haben sich nach all den Jahren endlich erfüllt. Manchmal lohnt es sich eben doch, auf die kleine Stimme zu hören, die einem zuflüstert: „Probier’s nochmal – es könnte sich auszahlen“.
Inzwischen sind einige Jahre vergangen, seitdem ich mich Hals über Kopf in Yoga verliebt habe. Lies hier darüber, was ich während dieser Jahre gelernt habe und darüber, wie ich schließlich Yogalehrerin wurde.
Was ist deine Geschichte mit Yoga? Teile sie mit mir in den Kommentaren!