Yoga unterstützt die Gesundheit, sowohl physisch als auch psychisch – das haben wir schon oft gehört. Mit den Übungen können wir die Rückenschmerzen lindern, die uns nach einem langen Bürotag plagen, aber auch die seelischen Schmerzen, die etwa nach einer Trennung an uns nagen, ein wenig in ihre Schranken weisen. Regelmäßig praktiziert, kann es langfristige positive Auswirkungen auf unsere Psyche haben. Doch was genau hilft unserer mentalen Gesundheit eigentlich? Hier sind meine persönlichen Top Five.
1. Mehr Achtsamkeit
Beim Yoga wirst du immer wieder dazu aufgefordert, in dich hineinzuspüren: Wie fühlt sich diese Bewegung in bestimmten Körperteilen an? Wie fühlt sich das Bein, das wir gerade gedehnt haben, im Gegensatz zu dem Bein an, das wir noch nicht gedehnt haben? Wo kannst du deine Atmung besonders gut wahrnehmen? Kurzum: Deine Aufmerksamkeit geht nach innen, nicht nach außen. Ein starker Kontrast zur Welt außerhalb des Yogastudios, wo wir ständig mit Reizen aller Art überflutet werden. Auf deiner Matte jedoch bist du dazu eingeladen, dich ganz auf dich selbst zu konzentrieren und darauf, wie sich etwas für dich anfühlt oder welche Gedanken sich in deinen Kopf schleichen. Nach längerer Zeit des Übens wirst du merken, wie sich diese Gewohnheit auf deinen Alltag ausweitet. Du wirst empfänglicher für die Signale deines Körpers, du wirst früher merken, wenn deine Stimmung sich ändert, du wirst öfter die Rolle des Beobachters einnehmen. Mehr Achtsamkeit bedeutet auch, mehr im Moment, mehr bei sich und nicht mehr so „wehrlos“ gegen die äußeren Einflüsse oder Sorgen über Ereignisse in der Vergangenheit und der Zukunft zu sein.
2. Mehr Entspannung/Parasympathikus
Was am Ende keiner Yogastunde fehlen darf, ist die Tiefenentspannung. Unser Sympathikus rettet uns, wenn wir vor einem Säbelzahntiger weglaufen müssen, der heutzutage auch mal in Gestalt eines unliebsamen Kollegen oder einer Freindin auftritt. Der Parasympathikus hingegen hilft uns beim Regenerieren. In unserer heutigen hektischen Zeit dominiert häufig der Sympathikus, da wir uns ständig in „Habachtstellung“ befinden. So fällt es vielen von uns schwer, wirklich herunterzufahren und zur Ruhe zu kommen. In einer wohligen, ausgedehnten Tiefenentspannung aktivieren wir den Parasympathikus, zusätzlich werden Stresshormone abgebaut und Glückshormone ausgeschüttet. Doch nicht nur die Endentspannung nach einer Yogastunde hilft dabei: Auch eine genüssliche Yin Yoga Session kann zu mehr Entspannung und Wohlbefinden beitragen.
3. Zugehörigkeitsgefühl durch synchrones Atmen und Bewegen in der Gruppe
Natürlich hilft es deiner mentalen Gesundheit schon enorm, wenn du für dich allein daheim praktizierst. Gerade, wenn du akut unter Angstzuständen oder Depressionen leidest, kann es eine schier überfordernde Aufgabe sein, nach draußen zu gehen, ins Yogastudio zu kommen und dort mit Fremden zu üben – glaub mir, ich weiß genau, wovon ich rede. In solchen Fällen ist es super, dass man einfach YouTube anschmeißen und auf eigene Faust auf die Matte gehen kann. Wenn es dir aber momentan gut geht und du einfach gerne vorsorgen würdest, dann ist die Wirkung eines Kurses vor Ort nicht zu unterschätzen. Praktiziert man gemeinsam Yoga, entsteht im Raum eine ganz besondere Energie, die sich positiv auf dein Wohlbefinden auswirken kann. Das wohlige Gefühl, mit Gleichgesinnten zusammen zu sein, macht sich breit. Durch das achtsame und synchrone Atmen und Bewegen entsteht so ganz von selbst ein Zugehörigkeitsgefühl – selbst, wenn du die anderen Teilnehmer der Klasse noch nie zuvor gesehen hast.
4. Annehmen/Adaptieren lernen
Es heißt, jeder:r kann Yoga machen – solange man atmen kann. Und es stimmt! Die Senioren und Seniorinnen, die ich unterrichten darf, beweisen es mir jede Woche aufs Neue. Trotz Sehschwäche, Rückenproblemen und anderer Altersgebrechen kommen sie immer wieder begeistert in meine Kurse. Das Geheimnis? Die Übungen entsprechend anpassen. Das kannst du auch! Mit der Zeit wirst du lernen, wie du Asanas an deine Bedürfnisse anpassen kannst und wie du Hilfsmittel wie Blöcke und Gurte dazu einsetzen kannst. Hierbei geht es nicht nur um permanente körperliche Einschränkungen, sondern auch um temporäre Zipperlein wie kleine Verletzungen. Selbst wenn du dich nicht auf der Höhe fühlst, du kannst immer Yoga üben, wenn du entsprechend adaptierst – eine Lektion, die auch außerhalb der Matte unfassbar wertvoll ist. Wenn wir annehmen, was gerade ist, sparen wir wertvolle Energie ein. Wenn wir dementsprechende Anpassungen vornehmen, also quasi die Route neu berechnen, nehmen wir unser Schicksal wieder selbst in die Hand – ein gutes Gefühl!
5. Mehr Konzentration
Hand in Hand mit mehr Achtsamkeit geht häufig auch die Konzentration. Wir lernen beim Yoga, uns auf uns selbst und unsere Bedürfnisse zu konzentrieren – eine Fähigkeit, die häufig abhandenkommt, wenn die mentale Gesundheit nicht auf der Höhe ist. Haben wir mehr Konzentration im Alltag, kommt uns das auch bei der Arbeit und Alltagserledigungen zugute. Wir können uns voll und ganz einer Aufgabe widmen und diese gewissenhaft und sauber erledigen, anstatt beim Ausführen des einen To Do-Punkts gedanklich schon beim nächsten zu sein und somit nachlässig zu handeln. Die daraus resultierenden Erfolgserlebnisse haben einen positiven Einfluss auf unser Selbstwertgefühl – wir fühlen uns erfolgreich, fähig, produktiv. Und wessen Stimmung würde das nicht heben?
Meine eigene Erfahrung
Nachdem ich Yoga lange Zeit nichts abgewinnen konnte, probierte ich es noch einmal aus, als ich mitten in einer Krise steckte, die fast alle Bereiche meines Lebens umfasste: Beruf, Wohnort, Freundeskreis, Liebesleben. Wenn all diese Aspekte im Argen liegen, ist es nur natürlich, dass man sich ständig Gedanken darüber macht, wie es nun weitergehen soll. Für mich fühlte es sich sogar so an, als müsse ich mir ständig Gedanken darüber machen, als wäre es „Zeitverschwendung“, meine Aufmerksamkeit auf anderes zu richten, da mich dies ja nicht aus der Situation herausholen würde. Von einer Yogalehrerin mit den Worten „Diese kommende Stunde gehört ganz Dir und Deinem Wohlbefinden“ quasi eine „Erlaubnis“ zum Abschalten zu bekommen, war für mich unglaublich erleichternd. Wenn ich aus den Stunden kam, merkte ich, wie ich etwas klarer denken konnte – einfach, weil ich dem Gedankenkarussell mal eine Pause erlaubt hatte. Heute starte ich meine eigenen Stunden ebenfalls gerne mit diesen Worten.
Yoga tut mir nicht nur gut, wenn ich am Grübeln bin, sondern auch, wenn ich mal wieder unter Angstzuständen oder Panik leide. Zugegebenermaßen muss ich mich in diesem Zustand oft regelrecht zwingen, um überhaupt auf die Matte zu gehen, aber bereut habe ich es anschließend nie. Wenn das Herz und die Gedanken rasen, bringt es mich jedes Mal runter, wenn ich mich im Einklang mit meinem Atem bewege. Gehe ich in schlechter oder gar deprimierter Stimmung auf die Matte, fließen beim Praktizieren schon mal ein paar Tränchen – aber auch das darf sein! Gerade, wenn es uns nicht gut geht, halten wir oft Spannungen im Körper, die sich durch die Bewegung lösen. Emotional zu werden, ist dabei ganz natürlich und kann auch heilsam sein.
Hast Du schon Erfahrungen mit den Auswirkungen von Yoga auf die Psyche gemacht? Teile sie gerne in den Kommentaren!
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