Magische Morgen

Mein Weg zu einem achtsamen Start in den Tag – auch für Morgenmuffel!

Bin ich ein Morgenmensch?
Noch vor gar nicht allzu langer Zeit hätte ich diese Frage klar verneint. Zu groß war das „Trauma“ aus der Schulzeit – dunkle Morgen, während mir die Augen zufielen und der Tag sich endlos vor mir erstreckte. Dadurch entwickelte ich auch im Studium keine gesunde Morgenroutine. Ich legte meine Vorlesungen so spät wie möglich und ging viel zu oft aus, als dass ich das frühe Aufstehen zur Gewohnheit hätte machen können. Als ich dann ins Berufsleben startete, ging es im Grunde weiter wie zu Schulzeiten: Der Wecker ging los, ich schlug ein paarmal im Halbschlaf auf die Schlummertaste und machte mich schnell fertig, bevor ich dann wie ein Zombie das Haus verließ. Die Auswirkungen davon sind mir erst rückblickend bewusst geworden – ich kannte es ja nicht anders. Ich hielt es für normal, erst am Vormittag richtig in die Gänge zu kommen, am Morgen in Hektik zu sein und somit auch den Tag schon gestresst zu starten, bevor er überhaupt angefangen hatte.

Der Anfang vom Neustart begann ganz langsam vor ca. 3 Jahren: Mir fiel auf, dass ich jedes Mal, wenn ich aufwachte, Herzrasen hatte. Zuerst schob ich es darauf, dass ich wahrscheinlich schlecht geträumt hatte. Doch als sich dieses Vorkommnis häufte, wurde mir klar, dass es das nicht sein konnte. Es dauerte noch ein paar Wochen, bis ich realisierte: Jeden Morgen wurde ich mit einem Schreck wach. Ich hatte immer noch den Radiowecker, der mich bereits in Schule und Studium begleitet hatte und dachte, ohne die Musik überhaupt nicht wach werden zu können. Tatsächlich war es aber so, dass ich von Musik und hektisch-fröhlichen Moderatoren eher unsanft aus dem Schlaf gerissen wurde. Kein allmähliches Wachwerden, kein sanftes Aufwecken.

© smit – 123rf.com

Morgens besser aus den Federn kommen

Der erste Schritt war, mir einen neuen Wecker zu besorgen, denn das Handy zu benutzen war für mich schon immer tabu. Das Schlafzimmer ist handyfreie Zone! Ich entschied mich für einen Tageslichtwecker mit Naturgeräuschen als Weckton. Seitdem werde ich von einem sanften Licht geweckt, das eine halbe Stunde vor der Weckzeit allmählich heller wird. Zur Weckzeit selbst kommt dann noch Vogelgezwitscher dazu – zwar künstliches, aber immerhin keine gekünstelten fröhlichen Menschen! So wurde mein Aufwachprozess langsam stressfreier, aber nur schrittweise einfacher. Nach wie vor fiel es mir schwer, mich zum Aufstehen zu überwinden, aber es wurde besser. Der Wunsch, noch mehr Stress aus meinem Morgen zu nehmen, wuchs, und so achtete ich darauf, zumindest ein paar Minuten zum Lesen zu haben, bevor ich zur Arbeit fuhr. Allein diese paar Minuten brachten schon sehr viel. Zu dieser Zeit war mein Job geprägt von Überstunden und nicht selten fuhr ich morgens mit dem Gedanken „Mal sehen, wann ich heute heimkomme“ los. Meine neue Gewohnheit führte dazu, dass ich mit mehr Gelassenheit in den Tag startete. Ich wusste: Ganz gleich, wie der Tag läuft, ich hatte ja bereits etwas Zeit nur für mich. Das tat mir so gut, dass ich mehr davon wollte.

Mit Bewegung in den Tag starten

Ich praktizierte bereits regelmäßig Yoga, aber eigentlich nur abends und in Studios. Nun begann ich, meine Praxis in meine Wohnung und in die frühen Morgenstunden zu verlegen. Anfangs war es sehr mühsam, nicht nur, weil das frühe Aufstehen nicht leicht war, sondern auch, weil ich es gewohnt war, abends zu praktizieren, wenn man schon eher warm und gedehnt von der Bewegung des Tages ist. Hier saß ich nun auf meiner Matte, müde und steif, und musste mich an diese Erfahrung erst gewöhnen. Nach und nach lernte ich, mir eine eigene individuelle Morgenroutine zuzulegen, anstatt einfach genauso zu praktizieren, wie ich es am Abend tun würde. Indem ich auf meinen Körper hörte, fand ich heraus, welche Übungen mich energiegeladen in den Tag starten lassen und passte diese meiner Tagesform entsprechend an. Dadurch wurde meine Morgenpraxis sehr viel entspannter und schöner. Regelmäßiger wurde sie aber erst nach einem Schlüsselerlebnis.

Den frühen Morgen lieben lernen

An einem Sommermorgen entschied ich, meine Morgenroutine nach draußen auf den Balkon zu verlegen. Ich zog also mit Matte & Co. Um, hüllte mich in eine warme Jacke, da es noch recht kühl war und startete meine Praxis. Anschließend setzte ich mich mit meiner heißen Zitrone mit Ingwer auf den Balkon. Um mich herum wurde die Nachbarschaft langsam wach. Es wurde heller, ich hörte Wecker losgehen und sah, wie Jalousien hochgezogen und Fenster geöffnet wurden. Dass sich ein paar Vögel auf meinen Blumenkästen niederließen und mir Gesellschaft leisteten, machte diesen entspannten, friedlichen Morgen zu einem besonderen. Es war wie in einem Disneyfilm! Von da an freute ich mich so sehr auf meinen achtsamen Tagesstart, dass ich diese Routine sogar mit in den Urlaub nahm. Gemeinsam mit einer Freundin verbrachte ich eine Woche in der Bretagne, direkt am Meer – beste Voraussetzungen für magische Morgen! Während es draußen noch dunkel war, machte ich mich mit meiner Yogamatte auf den Weg zum Strand und praktizierte zu Meeresrauschen und Sonnenaufgang. Anschließend drehte ich einige Runden im noch menschenleeren Pool (der Atlantik war mir um diese Zeit einfach noch zu kalt!) und relaxte im Jacuzzi. All das noch vor dem Frühstück – kann ein Tag besser beginnen?

Wenn man mir also heute die Frage stellt, ob ich ein Morgenmensch bin, überlege ich erst einmal. Was heißt es, ein Morgenmensch zu sein? Ist man nur einer, wenn es einem morgens so leichtfällt, wachzuwerden, dass man direkt taufrisch aus dem Bett springt und das Wort „Schlummertaste“ gar nicht mehr im Vokabular vorkommt? Dann bin ich definitiv kein Morgenmensch. Wenn man aber einer ist, so lange man die frühen Morgenstunden mit ihrer friedlichen Atmosphäre so sehr schätzt, dass man täglich sein bestes gibt, um sie so gut zu nutzen, wie es eben möglich ist… nun, dann bin ich auf jeden Fall ein Morgenmensch 😊

© jes2ufoto – 123rf.com

Meine liebste Morgenroutine für einen erfolgreichen Tag

Wie also sieht ein perfekter Morgen für mich aus, der es mir ermöglicht, frisch und ausgeglichen in den Tag zu starten?

Nach dem Aufstehen geht‘s direkt ins Bad zum Zungenschaben – was merkwürdig klingt, ist ganz easy: einfach einen Löffel oder einen Zungenschaber (gibt’s in jeder Drogerie) von der Zungenwurzel nach vorne ziehen. Dies ein paarmal wiederholen, bis kein weißlicher Belag mehr darauf ist. Anschließend kommt das Ölziehen. Beides sind ayurvedische Methoden, um den Körper nach den Entgiftungsprozessen der vorherigen Nacht zu unterstützen. Man bewegt kaltgepresstes Bio-Öl oder spezielles Mundziehöl für ca. 10 Minuten im Mund herum. Während dieser Zeit ziehe ich meine Rollläden hoch, bereite meine heiße Zitrone mit Ingwer vor und ziehe mich an. Nachdem ich das Öl ausgespuckt habe, putze ich mir die Zähne und gehe dann auf die Yogamatte. Anschließend dusche ich, ziehe meine Kleidung für die Arbeit an und lese noch ein wenig, bevor ich aus dem Haus gehe. Manchmal ist auch noch Journaling mit dabei. Wenn ich Lust habe, ziehe ich vor der Yogaeinheit noch eine Inspirations- oder Tarotkarte als Leitmotiv für den vor mir liegenden Tag.

Meine liebsten Yoga-Übungen für den Kickstart auf der Matte

Ich starte ganz gerne mit einer kurzen Meditation. Für ein paar Momente sitze ich in Stille und konzentriere mich ganz auf meinen Atem. Dann mache ich Kapalabhati, eine Atemübung, die Energie weckt und den Körper erwärmt. Danach starte ich ganz sanft mit ein paar Übungen im Sitzen, bevor ich dann einen kleinen Flow mache, der je nach Tagesform und Zeit variiert – an manchen Tagen bleibt es auch einfach bei den Übungen im Sitzen. Momentan sind meine Lieblingselemente Stretching-Einheiten wie Vorbeugen, Half-Split und Lizard, kombiniert mit stehenden Positionen wie Krieger 2, gestreckter Seitwinkel, Dreieck, oder Baum. Diese regen die Energie an und geben Kraft und Selbstbewusstsein für den (Arbeits-)tag. Was nie fehlen darf, unabhängig von Tagesform oder Zeit, ist ein genüsslicher Katze-Kuh-Wechsel.

3 einfache Tipps, um eine eigene Morgenroutine zu entwickeln

Frage dich, was dir wirklich guttut und wofür du morgens gerne mehr Zeit hättest. Vielleicht ist das Sport, vielleicht Yoga, vielleicht Meditation, vielleicht das Lesen eines guten Buches oder das Zubereiten eines leckeren Frühstücks. Vielleicht willst du aber auch einfach nur etwas mehr Zeit, um deine morgendliche Tasse Kaffee etwas mehr genießen zu können. Es sollte auf jeden Fall etwas sein, was dir so viel Spaß macht, dass es sich lohnt, etwas früher dafür aufzustehen. Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt – nur das Handy sollte noch tabu sein, es sei denn, du nutzt es, um Musik abzuspielen. Einen Blick auf Social Media & Co. solltest du erst später werfen.

Beginne in kleinen Schritten: Stelle deinen Wecker nicht gleich eine ganze Stunde früher, sondern fange mit zehn Minuten an. Versuche, genau wahrzunehmen, was diese Minuten für einen Unterschied machen.

Hör auf dich und deinen Körper. Deine Morgenroutine braucht keine „Routine“ in dem Sinne zu sein, dass sie immer gleich ist. Was an einem Morgen gut für dich ist, mag an einem anderen eher kontraproduktiv sein. Daher ist es gut, den Morgen mit einer kleinen Meditation zu beginnen oder einfach kurz mit geschlossenen Augen auf der Bettkante sitzen zu bleiben und in sich hineinzuhören. Meist sagt dir dein Körper, ob ihm heute nach Bewegung ist, und wenn ja, wie diese aussehen sollte. Sanftes genüssliches Dehnen oder eher Auspowern? Eine Runde joggen oder lieber in aller Ruhe die Zeitung lesen? Du entscheidest!

4 Gründe für eine gesunde Morgenroutine

Besonders Nachteulen werden sich sicher denken „all das kann ich doch auch spät am Abend machen, wieso sollte ich dafür früh aufstehen?“. Natürlich spricht nichts dagegen, auch abends die Matte auszurollen, doch ein achtsam verbrachter Morgen kann den ganzen vor dir liegenden Tag positiv beeinflussen.

Atmosphäre: Der frühe Morgen, wenn die meisten noch schlafen, ist eine ganz besondere Zeit und vermittelt auch ein ganz besonderes Gefühl. Startet man so friedlich in den Tag, kann man diesen inneren Frieden gut mit in den Alltag nehmen.

Klarheit: Nicht umsonst wird in Ashrams immer ganz früh meditiert. Der Geist ist noch nicht „vorbelastet“ mit den Eindrücken eines ganzen Tages, wir haben noch keine Erlebnisse gehabt, die uns beeinflussen. Man sieht viele Dinge klarer und kann so vielleicht sogar Projekte vorantreiben, bei denen man das Gefühl hatte, festzustecken.

Ruhe:  Außer dir ist noch keiner wach, also wird dich auch niemand stören. Dies ist abends anders, wenn Mitbewohner oder Partner jederzeit hereinplatzen könnten oder das Telefon klingeln könnte. Besonders wenn du mit deiner Familie lebst, kann es sehr bereichernd sein, morgens eine gewisse Zeit nur für dich zu haben.

Produktivität: Du startest mit dem Gefühl in den Tag, bereits etwas geschafft zu haben, während alle anderen noch schliefen. Dieses Gefühl macht Lust auf mehr und kann dazu führen, dass du für den restlichen Tag produktiver bist als sonst. Frühaufsteher sind häufig die erfolgreichsten Menschen. Was haben Oprah Winfrey, Barack Obama und Bill Gates gemeinsam? Sie alle schwören auf ihre Morgenroutine!

Ein Geständnis zum Abschluss

Sosehr ich meine magischen Morgen auch liebe, leicht fallen sie mir nicht immer und ich behaupte auch nicht, dass sie dir leichtfallen werden. Wenn man etwas schon jahrelang gewohnt ist, ist es schwierig, das zu ändern. Auch ich habe Tage, an denen ich die Schlummertaste öfter drücke, als ich gerne zugebe. Hier ist es wichtig, nicht zu streng mit sich zu sein. Wenn es nicht immer klappt, ist das kein Beinbruch – solange du es nur weiterhin versuchst. Sei nachdrücklich, aber sanft mit dir selbst. Und wenn du es dann einmal erlebst, dass du dich beim Zubettgehen schon auf den Morgen freust, dann liegt der schwierigste Teil bereits hinter dir.

3 Gedanken zu „Magische Morgen

  1. Katrin Elna sagt:

    Ich bin definitiv kein Morgenmensch und dennoch gibt es im Sommer diese Momente, wenn ich geweckt werde durch die ersten Sonnenstrahlen, die durch die Vorhänge blitzen. Entweder lege ich dann meine Schlafbrille an oder kann tatsächlich nicht wieder einschlafen. Das ist mir kürzlich passiert, um etwa 4 Uhr Morgens. Ich wälzte mich im Bett und dann dachte ich: Was soll’s. Ich stehe einfach mal seeehr früh auf. Was soll ich sagen? Diese Stille draußen, der wunderbar wolkenlose blaue klare Himmel….! Ganz wunderbar! Ich trank in Ruhe meinen Tee, las ein wenig in einem Buch, hatte sogar noch Zeit für eine Meditation und setzte mich dann an den PC. Ich war so zeitig mit meiner Arbeit fertig, dass ich früher als sonst Feierabend machen konnte und bereits Nachmittags auf dem Balkon saß und den Sommertag genoss. Leider gelingt es mir viel zu selten, diese magischen Momente zu wiederholen. Ich bin einfach kein Morgenmensch 🙂

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert