Manche Yogalehrende sind heutzutage richtige Stars: Sie unterrichten vor riesigen Gruppen auf Festivals, schreiben Bücher, halten Vorträge, sind Social Media Werbegesichter.
Sie haben ein glamouröses Image kultiviert. Daher denken viele, Yogalehrende sind immer topfit, schlank, gut angezogen, gesund und haben ihr Leben im voll im Griff. Teilnehmende von Teacher Trainings berichten von tiefgreifenden spirituellen Erfahrungen und schwärmen von ihrer Ausbildungszeit.
Doch es gibt auch Dinge, die einem niemand erzählt, bevor man Yogalehrer oder Yogalehrerin wird. Hier sind fünf davon:
Deine eigene Praxis wird wichtiger denn je
Nein, es reicht nicht, deinen Teilnehmenden die Asanas zu demonstrieren. Du wirst als Lehrkraft viel Wert auf deine eigene Asana- und Meditationspraxis legen müssen. Warum?
Zunächst einmal hält sie dich kräftig und geschmeidig. Beides ist unerlässlich, wenn du regelmäßig Asanas demonstrieren möchtest. Außerdem entspannt sie dich, wenn du gestresst bist. Ja, auch wer Yoga unterrichtet, kann gestresst sein oder sogar unter Burnout leiden. Selbstfürsorge ist daher essentiell.
Neben diesen wesentlichen Gründen ist deine eigene Zeit auf der Matte auch eine Inspirationsquelle. Du hast eine kreative neue Sequenz oder eine besonders schön angeleitete Tiefenentspannung erlebt? Dann nutze die neue Erkenntnis für deinen Unterricht! Nur wenn du regelmäßig selbst praktizierst – sowohl für dich allein als auch in Kursen – wirst du genug Ideen für deine eigenen Stunden haben.
Diese wirst du dann auch viel besser und anschaulicher anleiten können, denn dafür musst du wissen, wie sich die Asanas anfühlen, die du unterrichtest.
Du wirst den Alltag mit anderen Augen sehen
Vermutlich bist du durch deine eigene regelmäßige Praxis und die intensive Ausbildungszeit achtsamer geworden und erlebst viele alltägliche Dinge anders. Das ist aber nicht mal das, was ich meine.
Wenn du beginnst, Yoga zu unterrichten, wirst du den Alltag durch den Filter dessen sehen, was du in der Ausbildung gelernt hast. So wirst du beispielsweise kleinere Konflikte anders bewerten und handhaben. Außerdem wird einfach alles zur Inspirationsquelle und so zum potentiellen Thema für deinen Unterricht. Jemand aus deinem Freundes- oder Familienkreis hat eine inspirierende Geschichte erzählt? Gut möglich, dass du sie in deinen nächsten Dharma Talk einflechten wirst.
Unterrichten ist so anders als Praktizieren
Vielleicht praktizierst du sehr fortgeschritten und bekommst auch physisch sehr fordernde Asanas mühelos hin. Das bedeutet aber nicht automatisch, dass du sie auch gut anleiten kannst. Umgekehrt kann es durchaus sein, dass du eine Asana nicht üben kannst oder möchtest; du aber dennoch wunderbar in der Lage bist, sie zu unterrichten.
Lass dich deswegen gerade als neue:r Yogalehrer:in nicht täuschen, wenn du eine vermeintlich einfache Stunde geplant hast. Häufig denkt man „alle Asanas in der Sequenz übe ich selbst dauernd, auf diese Stunde muss ich mich nicht groß vorbereiten“. Stattdessen solltest du dich wirklich noch einmal mit den Übungen beschäftigen.
Wichtig ist ja für die Teilnehmenden auch das Spüren. Gerade wenn du die Asanas regelmäßig praktizierst, passiert das bei dir vielleicht schon fast automatisch. Es reicht aber nicht, zu sagen „und jetzt in den Herabschauenden Hund“. Vielmehr möchtest du die einzelnen Schritte anleiten, die nötig sind, um von der aktuellen in die nächste Position zu kommen. Du möchtest die Konzentration deiner Schüler:innen in bestimmte Körperbereiche lenken. Du möchtest die Asana vielleicht mit Affirmationen untermalen. All das bedarf einer gewissen Vorbereitung.
Du wirst dich wieder wie ein Newbie fühlen
In deiner Ausbildungsgruppe warst du vielleicht die einzige Person, die den Skorpion geschafft hat; die Person, die am tiefsten in die Vorwärtsbeuge sinken, am längsten in Meditation verweilen konnte. Du hast die Theorie schnell erfasst und fühltest dich wie ein Yoga-Profi, bereit, die Menschen mit deinem Unterricht zu begeistern.
Als Lehrkraft hingegen bist du nach der Ausbildung total neu. Ja, die Asanas mögen vertraut sein, aber es wird nicht vertraut sein, sie für andere zugänglich zu machen. Erlaube dir, wieder Anfänger:in zu sein! Alle von uns, die Yoga unterrichten, mussten sich erst einmal in der neuen Rolle einfinden. Gib auch dir diese Zeit und lasse dich nicht von Lampenfieber entmutigen! Es ist ganz natürlich, dass es sich am Anfang ungewohnt und einschüchternd einfühlt, zu Beginn eines Kurses in erwartungsvolle Gesichter zu blicken.
Du wirst nicht automatisch zu einem „besseren“ Menschen
Kommen wir noch einmal zurück zu dem eingangs erwähnten „perfekten“ Image, welches manche Yogalehrende in sozialen Medien kultivieren.
Dein Leben wird sich nicht über Nacht ändern, nur weil du nun Yoga unterrichtest. Du wirst nicht automatisch gesünder, energiegeladener, fröhlicher werden. Hierfür reicht es nicht, Kurse zu geben – es ist wichtig, dass du dich selbst immer noch als Schüler:in betrachtest und auf deinem eigenen yogischen Weg voranschreitest, während du anderen dabei hilfst, ihn zu beschreiten.
Jede Erfahrung auf dem Yogaweg ist wertvoll, insbesondere auch das Unterrichten. Ich wünsche dir viele bereichernde Erlebnisse auf deiner eigenen Reise!